Chicago 1893 – Die Weltausstellung zum 400. Jubiläum der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus lockte Ströme an Menschen in die Stadt. Manche kamen, um sich die Ausstellung anzusehen, manche, um sich sehen zu lassen und andere wiederum in der Hoffnung auf Arbeit und ein neues, aufregendes Leben in der Großstadt. Für manche von ihnen ist es eine Reise in den Tod. Denn ihr Weg kreuzte den von H. H. Holmes.
Die Geschichte des Mörderhotels und seines Erbauers ist bis in die Gegenwart hinein weit bekannt und vielfach adaptiert. Ob in dem Buch „Das Haus der Toten“ von Robert Bloch, der Kult-Horrorserie „American Horror Story“ oder dem 2022 auf PlayStation, Xbox und PC erschienenen Spiel „The Devil in Me“ aus der „The Dark Pictures Anthology“ von Supermassive Games. Die auf perfide Weise raffinierten Taten des H. H. Holmes (Herman Webster Mudgett) entsetzen und faszinieren auch heute noch.
Chicagos Mörderhotel lockte Opfer für H. H. Holmes an
Chicago bot H. H. Holmes die perfekte Basis für sein schauriges Treiben. Jedes Jahr verschwanden zahlreiche Menschen auf den Straßen der riesigen Stadt. Verzweifelte Eltern einiger Opfer, die wussten, dass ihre Kinder in Holmes Hotel abgestiegen waren, schrieben dem Mann sogar Briefe, um sich nach Hinweisen zu ihren Liebsten zu erkundigen. Dennoch verdächtigte niemand den Hotelier selbst über Jahrzehnte hinweg etwas mit dem Verschwinden der Menschen zu tun zu haben. Selbst die überlebenden Besucher des Hotels ahnten nichts vom Treiben, das sich nur wenige Türen entfernt abspielte.
1890 wurde bekannt, dass Chicago die große Weltausstellung von 1893 ausrichten sollte. Im Zuge dessen würden Millionen Menschen die Stadt besuchen, darunter auch Tausende von alleinstehenden Frauen, die eine Unterkunft benötigten. Holmes ließ im Vorfeld Arbeiter anrücken, um sein Hotel wie viele Male zuvor umzubauen. Dabei wunderten sich weder die Monteure über die Ausmaße des Kellers, noch über den Eisentisch, die vielen Lampen – oder den geforderten Ofen. Denn dieser unterschied sich praktisch nicht von jenen in einem Krematorium. Alles, was der Mann nach bereits Jahren des mörderischen Treibens tun musste, war auf die Scharen an ahnungslosen Gästen zu warten.
„Ich wurde mit dem Teufel in mir geboren.“
Als die Weltausstellung am 1. Mai 1893 eröffnete, ebnete sie den Weg für Holmes’ Blutbad. Männer, die sich an das Hotel wandten, erhielten die Auskunft, es sei ausgebucht. Frauen hingegen, vordergründig alleinstehende, waren Holmes jedoch willkommene Gäste. Seine Methoden, die Massen an Leichen zu entsorgen, gewannen dabei ebenso an Kreativität. Sei es durch das Verbrennen im eigenen Ofen, Gruben aus Ätzkalk – oder dem Verkauf der Leichen an nichts ahnende Universitäten zu Forschungszwecken. Die schiere Masse an Opfern sorgte jedoch dafür, dass der Druck auf Holmes wuchs. Im Herbst 1893 verließ der Psychopath Chicago überstürzt, nachdem ihm sowohl Gläubiger im Nacken gesessen hatten als auch die Angehörigen der Vermissten immer nachdrücklicher gesucht hatten.
Knapp ein Jahr später wurde Holmes schließlich in Philadelphia verhaftet. Reue empfand der Serienkiller dabei zu keinem Zeitpunkt. „Ich bin mit dem Teufel in mir geboren“, rechtfertigte er sich vor der Vollstreckung seines Todesurteils am 7. Mai 1896. „Ich konnte nichts dagegen tun, dass ich zum Mörder wurde, so wenig wie ein Dichter etwas dagegen tun kann, dass die Muse ihn zum Singen verführt.“ Bis heute ist sich die Fachwelt uneinig darüber, wie viele Menschen dem Serienkiller zum Opfer fielen. In Holmes Mörderhotel konnten Ermittler Überreste von über einhundert Menschen sicherstellen, Expertenschätzungen rechnen mit bis zu 200 Opfern.