Für Till Lindemann, den Leadsänger und Gründer der Rockgruppe „Rammstein“, lief es in der letzten Zeit alles andere als gut. Seit Monaten werden schwere Vorwürfe gegen den 60-Jährigen erhoben. Alle haben sexualisierte Gewalt, sexuelle Nötigung und Drogenmissbrauch zum Thema. An den ganzen Vorgängen waren bereits Staatsanwaltschaften mehrerer Länder beteiligt. Überall dort, wo Rammstein gastierte, gab es diese Anschuldigungen.
Den Stein ins Rollen gebracht, hat die Irin Shelby Lynn, die nach einem Konzert in Litauen eine Anzeige gegen Rammstein und insbesondere Till Lindemann gestellt hat. Die 24-jährige berichtete von teils skandalösen Vorgängen in der sogenannten Row-Zero. Da soll es zu regelrechten Castings gekommen sein von jungen Damen, die danach Lindemann in einem speziellen Raum unter der Bühne zugeführt wurden.
Dort soll es zu allen möglichen sexuellen Handlungen gekommen sein. Shelby mutmaßte zudem, dass man sie unter Drogen gesetzt habe. Ein erstes Bandmitglied hat sich bereits öffentlichkeitswirksam von den Vorgängen um seinen Bandkollegen Lindemann distanziert.
Konsequenzen für Skandal-Video
Gegen all diese Vorgänge setzt sich nun der Leipziger Leadsänger mit der Gruselschminke zur Wehr. Sein Anwaltsteam, bestehend aus den renommierten Medienanwälten Simon Bergmann und Christian Schertz, verschickt gleich dutzendweise strafbewehrte Unterlassungsklagen an die Frauen, die ihr Schicksal durch die versammelte Presse veröffentlichten. Zu solch einer Gruppe gehört auch die Kölner Influencerin und YouTuberin Kayla Shyx. Sie schuf Anfang Juni ein 35-minütiges YouTube-Video, das bereits 5,9 Millionen Mal angeklickt wurde. Es trägt den Titel: „Was wirklich bei Rammstein Afterpartys passiert“.
Gegen dieses Video sowie dessen Inhalt haben die besagten Anwälte vor dem Landgericht Hamburg geklagt und auch eine Unterlassungsverfügung erwirkt. Die besagt, dass die 21-jährige Shyx nicht mehr behaupten darf, dass junge Frauen bei Rammstein-Konzerten unter Einfluss von Drogen- und Alkohol gesetzt wurden, um sexuelle Handlungen vorzunehmen.
Ein kleiner Erfolg also für Lindemann und seine Rechtsberater. Zusätzlich wurden generell alle Aussagen verboten, die den Rammstein-Sänger in Zusammenhang mit Pädophilie oder pädophiler Vergewaltigung bringen. Außerdem, so ist in der einstweiligen Verfügung mit dem Aktenzeichen: (324 O 264/23) zu lesen, darf die eingangs erwähnte Shelby Lynn nicht behaupten, unter Drogen gesetzt worden zu sein sowie die Mutmaßung äußern, dass es anderen Frauen ähnlich erging.
Das Gericht erklärte das als „Kernvorwürfe um prozessual unwahre Tatsachenbehauptungen“ und Bewertungen, für die es „keine Anknüpfungstatsachen“ gebe. Mit anderen Worten: Kayla konnte ihre Anschuldigungen, die sie durch ihr Video verbreitet hat, nicht glaubhaft untermauern. Die Anwälte unterstrichen außerdem, dass die eingegangenen Strafanzeigen ausschließlich von Personen gestellt wurden, bei denen es sich nicht um unmittelbar Betroffene handelt.
Eine ähnliche Verfahrensweise verfolgen die Anwälte Lindemanns auch in der Sache von Shelby Lynn und den Berichten, die im „Spiegel“ über sie erschienen sind. Das Magazin hat die Vorwürfe von ihr im Nachgang publiziert und auch dagegen haben Lindemanns Anwälte geklagt. Allerdings hat die Zeitung bereits Widerspruch eingelegt. Auch Aktivistinnen, die mittels einer Petition Rammstein-Konzerte zu verhindern suchen, erhielten Unterlassungs-Post der Anwälte. Das Rammstein-Büro in Berlin wurde ebenfalls unlängst Ziel eines Angriffs radikaler Gegner der Rockband. Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt zu diesem Thema ebenso wie in der Causa Till Lindemann.
Die Angelegenheit ist trotz des aus Rammstein-Sicht erfreulichen Hamburger Urteils allerdings noch lange nicht vorbei. Selbstverständlich gilt für Lindemann immer die Unschuldsvermutung. Bis ein Gericht anders entscheidet, ist er nicht vorzuverurteilen. Dennoch ist der subjektive Ruf der Gruppe Rammstein und insbesondere der von Till Lindemann bereits erheblich ramponiert. Ob sich das wieder egalisiert, bleibt abzuwarten.