Kiffer, Liebhaber von Cannabis und alle, die zum Entspannen einen kleinen Joint durchziehen wollen, freuen sich. Die Ampelregierung hat es angekündigt und ein Zurück ist wohl schwer möglich. Zum Jahresende soll der Konsum von Cannabis hierzulande legalisiert werden. In die Niederlande, wo das noch nie verboten oder groß eingeschränkt war, müssen dann die Bundesbürger, die öffentlich Gras oder ähnliches konsumieren wollen, nicht mehr fahren.
Auch der Schmuggel von Cannabis-haltigen Substanzen wäre dann wohl kein Thema mehr. Zumindest nicht in den gestatteten Mengen. Doch was die einen unglaublich freut, ist für eine ganz andere Gruppe von Leuten besonders alarmierend. Es geht um Fachleute von Polizei, Justiz, Suchthilfe, Fachgesellschaften für psychische Gesundheit und vor allem die Mediziner. Sie alle sehen große Risiken auf eine bestimmte Konsumentengruppe zukommen.
Regierung will bestimmte Cannabis-Menge erlauben
Im Groben sieht der Gesetzentwurf der Ampel vor, Cannabis von der Liste des Betäubungsmittelgesetzes zu streichen. Es wäre somit keine verbotene Substanz mehr. Auch die Mengen für den persönlichen Gebrauch sind definiert. Gestattet sind dann bis zu 25 Gramm Cannabis als Besitz, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die Substanz legal erworben wurde oder vom Schwarzmarkt stammt. Der Richterbund äußerte bereits erhebliche Bedenken und auch die Vertreter der Strafverfolgungsbehörden sehen sich paradoxerweise mit mehr statt weniger Arbeit konfrontiert.
Mediziner warnen eindringlich vor den Risiken
Die Mediziner dagegen erkennen alarmierende Gesundheitsgefahren, denn die Bundesärztekammer spricht wörtlich von „einer relevanten Gefährdung der psychischen Gesundheit und der Entwicklungschancen der jungen Generation in Deutschland“. Zusätzlich hält die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie die geplante Altersgrenze von 18 Jahren für deutlich zu niedrig, „da die Gehirnentwicklung in der Regel bis Mitte 20 noch nicht abgeschlossen ist“. Laut dem Verband besteht bis dahin ein zu hohes Psychoserisiko für die Konsumenten.
Es gibt allerdings neben den Konsumenten, die sich generell freuen auch Befürworter. Sie argumentieren mit der „Realität“, denn bei allen bisherigen Bemühungen durch Verbote sei der Konsum weit verbreitet, so ein reformorientierter Verband von Richtern und Staatsanwälten. Eine Entlastung des Strafrechtes gar sieht der Deutsche Anwaltsverein. Er begrüßt die Legalisierung von Cannabis sogar „ausdrücklich“. Das Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung der Uni Hamburg meint, das Gesetz erkenne in erster Linie „gesellschaftliche Realitäten“ an. 2021 habe etwa jeder Zehnte im Alter von 18 bis 59 mindestens einmal im Jahr Cannabis konsumiert.
Befürworter sprechen von "Entkriminalisierung"
Die federführende SPD lud den Sachverständigen und Strafrechtsprofessor Mustafa Temmuz Oglakcioglu ein, der vor allem die Zweifel des Richterbundes zurückwies. „Allein die schiere Anzahl von zuletzt über 180.000 (!) konsumbezogenen Cannabis-Verfahren pro Jahr bindet offenkundig erhebliche Ressourcen“, so seine Stellungnahme zur geplanten Gesetzesänderung. Die Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin etwa begrüßte die „Ansätze zur Entkriminalisierung von Konsumenten“ im Gesetzestext zwar positiv, meinte aber auch, dass durch die Freigabe in Zukunft die Anzahl von Personen mit Intoxikationen oder durch THC (Wirkstoff von Cannabis) ausgelöste Psychosen deutlich zunehmen werden.
Expertenanhörung für Ende November geplant
Die Bundes-Psychotherapeutenkammer zeigt die Gefahren für diejenigen auf, deren Gehirn noch nicht ausgereift ist. Das Einstiegsalter läge bereits bei 15 Jahren, wäre aber lange verheimlicht und tabuisiert worden. Wenn weniger potentes Cannabis, also solches mit einem niedrigeren THC-Wert, an Konsumenten unter 21 Jahren abgegeben würde, wäre das ein guter Kompromiss. Die Frage, wie es weiter geht, beantwortet die Regierung so: Nach einer Expertenanhörung muss der Bundestag das Gesetz beschließen, und zwar in der vorletzten Sitzungswoche dieses Jahres.
Die ist für Ende November geplant. Laut dem Bundesgesundheitsministerium muss danach der Bundesrat nicht nochmal zustimmen. Das Inkrafttreten des Gesetzes ist dann für den Beginn des Jahres 2024 vorgesehen. Das Gesundheitsministerium hat zwar eine Kampagne im Netz geplant, die auf die Risiken des Konsums hinweist, aber ansonsten wird es dann ganz offiziell heißen: „Ab Inkrafttreten können Erwachsene nach dem vorgelegten Gesetzesentwurf in Deutschland legal einen Joint rauchen.“ – so der Gesundheitsminister.