Zu Neujahr beendet Netflix eine seiner bekanntesten und beliebtesten Serien: „Stranger Things“. Die Eigenproduktion ist ein wichtiges Aushängeschild für den Streaming-Dienst. Bisherige Folgen waren bisher immer ein Garant für fantastische Abrufzahlen und gute Bewertungen. Ende November sind die ersten vier Episoden der finalen fünften Staffel erschienen, zu den Weihnachtsfeiertagen folgten drei weitere. Am 1. Januar soll dann endgültig Schluss sein.
Die ersten Folgen der neuen Staffel wurden von Kritik und Publikum gleichermaßen gefeiert. Vor allem das Midseason-Finale, das den Titel „Der Zauberer“ (im Original „Sorcerer“) trägt, fuhr Traumwertungen auf Bewertungsplattformen wie IMDb und Rotten Tomatoes ein. Auf eine der beliebtesten Folgen der ganzen Serie folgte nun die – mit Abstand – unbeliebteste: Die siebte und vorläufig letzte Episode mit dem Titel „Die Brücke“ (im Original: „The Bridge“). Die Kritikpunkte dabei sind vielfältig und wecken für einige Erinnerungen an das umstrittene Finale der Hit-Serie „Game of Thrones“.
Bei IMDb hält die Episode zurzeit eine Wertung von 5,5, was weit unter dem Serien-Durchschnitt von 8,6 liegt. Das markiert einen Negativ-Rekord für „Stranger Things“, den bisher die Folge „Die verlorene Schwester“ (im Original „The Lost Sister“) mit 6,0 gehalten hatte. Bei Rotten Tomatoes ließ sich Ähnliches beobachten. Dort fiel der Publikumswert nach Erscheinen der neuen Folgen auf aktuell 56 Prozent. Das liegt deutlich unter den Wertungen vorheriger Staffeln, die schlechtestenfalls bei 86 Prozent liegen. Aber sind die neuen Episoden von „Stranger Things“ wirklich so schlecht?

Viele bemängeln die Handlungs- und Figurenentwicklung in „Stranger Things“ Staffel 5
Schaut man sich die Kommentare zu den aktuellen Folgen genau an, dann lassen sich einige Kritikpunkte feststellen, die mehrfach erwähnt werden. So beschweren sich Fans vielfach über die ausufernden Eins-zu-Eins-Gespräche, die viele Figuren führen würden. Dadurch gehe nicht nur der Spannungsbogen verloren, sondern es gebe anderen, beliebten Figuren nach Meinung vieler Fans auch zu wenig Raum, während unwichtigere Charaktere ins Zentrum gerückt würden.
Andere beschweren sich generell über das Drehbuch, in dem plötzlich verschiedene Figuren verrückte Pläne haben, die auf einem Geistesblitz basieren, den sie dann ausufernd den anderen Personen erklären würden. Oft würde dabei der Rest des Casts „einfach für 15 Minuten herumstehen“. „Game of Thrones hat Konkurrenz bekommen“, schreibt etwa jemand und bezieht sich dabei auf das allgemein als verkorkst geltende Finale der legendären Fantasy-Serie.
Eine Szene zieht dabei besondere Aufmerksamkeit auf sich: das Coming-out von Will (Noah Schnapp). Dass er sich vor der gesamten Gruppe als Homosexuell outet, um sich Bösewicht Vecna (Jamie Campbell Bower) ohne Angst stellen zu können, empfinden viele Zuschauerinnen und Zuschauer als zu gewollt und deplatziert. So schreibt jemand: „Es ist in diesem Moment einfach irrelevant und wirkt wie eine erzwungene Erzählung (…). Es bringt nur den Schwung zum Erliegen, als ob es den Autoren wichtiger gewesen wäre, einen Punkt zu machen, als die Erzählung zu beenden, die sie über vier Staffeln aufgebaut haben.“

Die neuen „Stranger Things“-Folgen stehen zwischen Kritik und Review Bombing
Viele äußern aber auch generell ihren Unmut über das Thema, was sich offenbar auch in sogenanntem Review Bombing der entsprechenden „Stranger Things“-Folge äußert. Dabei handelt es sich um Massenkampagnen, die oft mit einer Flut an schlechten Bewertungen einhergehen, in denen es allerdings nicht um eine umfassende, sondern um eine zielgerichtete Kritik gegen einen bestimmten Punkt geht. So berichtet etwa „Comic Book Movie“, dass inzwischen zahlreiche Kommentare gelöscht wurden, die Schlagworte wie „Propaganda“, „woke“ und „Gender“ enthielten und die sich offenbar neben der erwähnten Szene auch auf weitere bezogen haben sollen, in denen es um Robin (Maya Hawke) und ihre Freundin Vickie (Amybeth McNulty) geht.
Neben diesen negativen Stimmen gibt es aber auch viele, die die Episoden verteidigen. Dabei weisen einige darauf hin, dass etwa Wills Rolle von vornherein so angelegt war, dass er offenbar homosexuell ist. Viele erklären darüber hinaus, dass es sich nun einmal um eine Vorbereitung des großen Finales handeln würde. Dabei seien etwa lange Dialoge zwischen zwei Figuren nichts Ungewöhnliches. Gleiches gelte für eine Reduzierung des Tempos, damit das meist emotionale und actionreiche Finale besser wirken könne. Vielleicht hat sich Netflix also auch mit der Veröffentlichung in drei Teilen schlicht und ergreifend keinen Gefallen getan. Den Abrufzahlen von „Stranger Things“ haben die Kritiken bisher jedenfalls nicht geschadet.
