Vergangene Woche sind eine Mutter und ihre zwei Kinder während ihres Urlaubs in Istanbul verstorben. Der Vater der Hamburger Familie, die jedes Jahr in die Türkei fährt, musste ebenfalls ins Krankenhaus eingeliefert werden; sein Zustand ist offenbar kritisch. Vieles weist auf eine tödliche Lebensmittelvergiftung hin. Die Behörden ermitteln allerdings in mehrere Richtungen und es hat auch bereits einige Verhaftungen gegeben. Was ist über den mysteriösen Fall bekannt?
Am Sonntag der vorletzten Woche reiste eine vierköpfige Familie aus Hamburg in die Türkei, am Mittwoch wurden dann alle vier ins Krankenhaus eingeliefert, wie unter anderem die türkische Nachrichtenagentur „Anadolu“ berichtete. Dabei zeigten sie zunächst Symptome wie Übelkeit und Erbrechen, bei den Eltern wurde anschließend Durchfall und Gastroenteritis (Magen-Darm-Entzündung) diagnostiziert und behandelt; alle vier wurden schließlich wieder entlassen.
Als sich jedoch vor allem die Symptome der beiden Kinder (drei und sechs Jahre alt) verschlimmerten, wurde die Familie nachts erneut ins Krankenhaus gebracht, wo kurz darauf sowohl die Mutter als auch die beiden Kinder verstarben. Schnell wurde der Verdacht auf Lebensmittelvergiftung geäußert. Final geklärt und offiziell bestätigt ist das allerdings nicht.
Familie aus Hamburg besuchte oft Verwandte in der Türkei
Bereits am Freitag kam es zu vier Verhaftungen. Dem türkischen Staatssender „TRT“ zufolge handelte es sich dabei um Personen, die Lebensmittel verkauft hatten. Ihnen wird offenbar fahrlässige Tötung vorgeworfen. Zudem wurde ein Laden, aus dem die Familie aus Hamburg in ihrem Türkei-Urlaub gegessen haben soll, von den Behörden geschlossen. „Der Betrieb, von dem angenommen wird, dass er den Vorfall verursacht hat, wurde von den zuständigen Einheiten unserer Gemeinde zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit auf unbestimmte Zeit versiegelt“, wird die Stadtteilverwaltung zitiert.
Dabei sagte übereinstimmenden Medienberichten zufolge der Vater noch aus, dass die Familie am Dienstag in den Stadtteil Ortaköy gefahren sei. Dort hätten sie bei einem fliegenden Händler gefüllte Muscheln und an einem anderen Ort dann Suppe und ein Gericht mit Lammdärmen gegessen. Auf dem Rückweg wurden offenbar noch Wasser und Süßigkeiten in Fatih (oben im Bild) eingekauft, wo sich auch das Hotel befindet.
Inzwischen gab es aber noch weitere Festnahmen, die offenbar vor allem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hotels betreffen, in dem die Familie übernachtet hatte. „Anadolu“ zufolge wurden vor Ort sowohl Trinkwasser-Proben genommen als auch die Überwachungskameras ausgewertet. In einem Raum im Erdgeschoss wurden zudem Pestizide gefunden, die offenbar zur Desinfektion genutzt wurden.
Lebensmittelvergiftung oder Pestizide? Expertin äußert Vermutung zu Todesursache
Bei den verhafteten Personen handelt es sich der türkischen Nachrichtenagentur zufolge um einen Verantwortlichen des Hotels und zwei Personen, die die Desinfektion durchgeführt haben sollen. Zudem wurde offenbar auch ein Bäcker festgenommen, der in einem Laden in der Nähe des Hotels arbeitet. Hauptaugenmerk gilt dennoch aktuell dem Hotel selbst, das inzwischen komplett evakuiert wurde. Am Montag wurden drei weitere Verdächtige aus dem Umfeld des Hotels verhaftet. Insgesamt gibt es somit bereits elf Verhaftungen in dem Fall.
Deshalb vermutet etwa die Biologin Emel Öykü Kanbur Kayıkc im Gespräch mit der türkischen Zeitung „Hürriyet“, dass die Symptome der Familie auf eine unsachgemäße Schädlingsbekämpfung zurückgeführt werden könnten. So seien der Expertin zufolge Bettwanzen in Hotels in Istanbul ein Problem. Zur Bekämpfung würden allerdings viele nicht auf zertifizierte Unternehmen, sondern auf günstigere Firmen ohne Lizenz zurückgreifen. „Diese Firmen kaufen illegale Pestizide auf dem Schwarzmarkt und setzen sie dann ein“, erklärt sie.
Weder für diese Theorie noch die der Lebensmittelvergiftung gibt es bisher eine Bestätigung. Eine Autopsie konnte diesbezüglich offenbar keine Klarheit schaffen. Die Mutter und die beiden Kinder wurden allerdings am Wochenende im Beisein der Familie und einiger Lokalpolitikerinnen und -politiker in Bolvadin (Provinz Afyonkarahisar) um Westen der Türkei beigesetzt. Der Vater liegt nach wie vor auf der Intensivstation.