„Erzwungene Dauerarbeit“: Mieterin schickt Vonovia eine Rechnung von 500.000 Euro

Weil sich eine Vonovia-Mieterin über zehn Jahre hinweg immer wieder ihre Rechte erstreiten musste, hat sie der Wohnungsgesellschaft nun eine saftige Rechnung geschickt.
„Erzwungene Dauerarbeit“: Mieterin schickt Vonovia eine Rechnung von 500.000 Euro
IMAGO / Zoonar
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Die Situation auf dem Wohnungsmarkt ist angespannt und das schon lange. Vor allem in Großstädten wird es zunehmend schwieriger, bezahlbaren Wohnraum zu finden. So zeigen aktuelle Zahlen, dass man vielerorts über 40 Prozent mehr bezahlen muss, als noch vor zehn Jahren. In Berlin und seinem Umland ist sogar ein Anstieg von mehr als 80 Prozent zu beobachten. Das hat viele, ineinander verzahnte Gründe.

So sind die Baukosten deutlich gestiegen, was den ohnehin nicht ausreichenden Neubau noch teurer macht. Gleichzeitig führen die steigenden Mieten dazu, dass weniger Leute ausziehen, auch wenn ihnen eine Wohnung beispielsweise zu groß wird, weil sie trotz der Verkleinerung mehr Geld bezahlen müssten. Und auch große Wohngesellschaften wie Deutsche Wohnen oder Vonovia, Deutschlands größte Wohnungsgesellschaft, genießen in diesem Zusammenhang nicht den besten Ruf.

So gibt es immer wieder Berichte über mangelnde Instandhaltung der Wohnungen. Gleichzeitig laufen deutschlandweit zahlreiche Verfahren, in denen etwa die Vonovia Mieterhöhungen einklagen will, gegen die sich die Mieterinnen und Mieter wehren. Das ist nicht nur für die Gerichte eine Herausforderung, sondern auch für besagte Mieterinnen und Mieter. Welche Ausmaße das annehmen kann, zeigt der Fall einer Mieterin aus Berlin, die sich auf besondere Art und Weise zur Wehr setzt.

Vonovia-Auto vor einem gelben Wohnhaus, Kreuznacher Strafle, Rheingauviertel, Berlin
IMAGO / Schöning

Rechnung an Vonovia ist eher eine Geste als ein juristisches Instrument

Seit etwa zehn Jahren wohnt dort eine Frau mit dem Künstlernamen Leila von der Spree in einer Wohnung, die inzwischen der Vonovia gehört. Wie sie in einem Interview mit der „taz“ berichtet, habe sie bereits drei Monate nach Einzug die ersten Beschwerde-E-Mails schicken müssen. Offenbar ging es dabei um eine marode Heizung. Seitdem hat die Mieterin unzählige Male mit der Wohnungsgesellschaft Kontakt gehabt.

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Mal ging es um weitere Mängel – wie „Schimmel, Schädlingsbefall, Verwahrlosung im Hof, falscher Energiekennwert“ –, mal um ungerechtfertigte Mieterhöhungen. Teilweise würde sie bis zu 30 Stunden pro Woche dafür aufbringen, mit der Vonovia zu kommunizieren, vor allem aber um Dinge wie die Nebenkostenabrechnung zu prüfen. „Damit wir uns wehren können, müssen wir praktisch gratis Arbeitsstellen ausfüllen, während Vonovia eine ganze Armada hoch bezahlter Rechtsanwälte beschäftigt“, erklärt die Künstlerin.

Deshalb habe sie auf Basis eines Stundenlohns von 100 Euro berechnet, wie viel Vonovia ihr schulden würde, wenn all diese zusätzliche „erzwungene Dauerarbeit“ vergütet worden wäre. Dabei ergab sich die Summe von etwa 500.000 Euro. Die Mieterin ist dabei der festen Überzeugung, dass sie, wenn sie sich nicht zur Wehr gesetzt hätte, inzwischen eine doppelt so hohe Miete zahlen müsste und zahlreiche Mängel an der Wohnung nicht behoben worden wären.

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Hochhaus der Vonovia in Berlin im Dunkeln, einige Fenster sind erleuchtet
IMAGO / Sabine Gudath

Mieterin klagt über ungerechtes „Vonovia-System“ und will dagegen vorgehen

Zudem prüfe sie gerade mit einem Rechtsanwalt, ob es einen Weg geben würde, „die Arbeitszeit und die gesundheitlichen Schäden, die wir durch diese Dauerbelastung erleiden, in Rechnung zu stellen.“ Das tue sie nicht nur für sich, sondern um auch für andere Mieterinnen und Mieter gegen das „Vonovia-System“ vorzugehen. Diesem unterstellt sie, Leute bewusst zu überfordern und bei minimalem Aufwand immer mehr Rendite herauszuholen.

Ein Problem, das der Mieterschutz in diesem Zusammenhang immer wieder hervorhebt: Viele wehren sich eben nicht, weil sie Angst haben, den wertvollen Wohnraum zu verlieren. Das erklärt etwa Dr. Rolf Bosse, Geschäftsführer Mieterverein zu Hamburg, der ARD. Dabei gilt eigentlich: „Ich kann meine Wohnung nicht verlieren, wenn ich meine Rechte geltend mache. Wenn ich angemessen die Miete mindere, wenn ich Instandsetzung fordere, kann ich meine Wohnung nicht verlieren“, so Bosse in einem Beitrag des NDR. Die 500.000 Euro hohe Rechnung an die Vonovia soll vor allem eine politische Geste sein.

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