Auch wenn andere Heizungsarten langsam aufholen, ist Erdgas immer noch in mehr als 50 Prozent der deutschen Haushalte relevant. Das liegt in erster Linie an der bereits vorhandenen und gut ausgebauten Infrastruktur. Zudem galt Erdgas lange Zeit als effizient und umweltschonend. Im Vergleich zu Öl ist das auch heute noch so, allerdings gibt es inzwischen weitaus bessere Alternativen, auf die allerdings vielerorts noch umgerüstet werden muss – und Veränderung kostet bekanntlich meistens erst einmal Geld.
Jetzt schlagen allerdings einige Expertinnen und Experten Alarm. Der Grund dafür sind die deutschen Erdgasspeicherstände, wie unter anderem „Focus“ berichtet. Diese sollen derzeit ungefähr zu 76,5 Prozent gefüllt sein. Das ist im Vergleich zu den Vorjahren weniger, beziehungsweise füllen sie sich langsamer. Dass die Speicher etwas leerer sind als sonst zu dieser Jahreszeit üblich, liegt wohl vor allem daran, dass im vergangenen Winter mehr verbraucht wurde – sowohl im Privaten als vor allem auch in der Industrie. Aber bedeutet das, dass uns im Winter kalte Heizungen drohen?
Zumindest der Betreiberverband Initiative Energien Speichern (INES) gibt diesbezüglich Entwarnung. Bis zum 1. November soll ein maximaler Füllstand von etwa 81 Prozent erreicht werden. Das ist auch auf eine Lockerung der bisherigen Richtlinien der zuständigen Ministerin Katharina Reiche (CDU) sowie die seit Monaten hohen Erdgas-Preise zurückzuführen. Der Stand sollte laut INES zumindest bei „normalen bis warmen Temperaturen“ eine sichere Gasversorgung gewährleisten können. Doch was ist, wenn es kälter wird?
Risiko für Erdgas-Knappheit bei kaltem Winter ist minimal
Ein gewisses Risiko räumt auch der INES in seiner Auswertung ein. So könnten bei extrem kalten Temperaturen die Gasspeicher bis Ende Januar leer sein. Dieser Extremfall scheint allerdings nicht realistisch, wäre es doch das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik. Nicht einmal in den krisenhaften Wintern von 2022 und 2023, die von steigenden Energiepreisen angesichts des russischen Angriffskrieges in der Ukraine geprägt waren, kam es zu diesem Szenario.
Als wichtiger Faktor für die Sicherheit der deutschen Erdgas-Versorgung werden etwa von Klaus Müller, dem Chef der Bundesnetzagentur, die neuen LNG-Terminals genannt. Über diese könne man im schlimmsten Fall flüssiges Erdgas aus dem Ausland importieren, um eventuelle Versorgungslücken zu schließen. Und auch Branchenexperte Timm Kehler verweist gegenüber dem „Spiegel“ auf internationale Handelspartnerschaften, die im Ernstfall helfen würden, Gas zu beschaffen. Sollte es dennoch zu ernstzunehmenden Versorgungsengpässen beim Erdgas kommen, muss im Übrigen der Staat eingreifen, indem er entweder die Energieversorger zum Einkauf zwingt oder selbst die Speicher befüllt.