Ein neuartiges KI-Implantat, das direkt im Gehirn eingesetzt wird, ist in der Lage, die „innere Stimme“ der Trägerinnen und Träger in konkrete Sprache zu übersetzen – und zwar in Echtzeit. Was klingt wie eine Szene aus der düsteren Sci-Fi-Serie „Black Mirror“ ist in begrenztem Rahmen bereits Realität. Dafür übersetzt die künstliche Intelligenz Signale aus dem motorischen Kortex in Wörter und ganze Sätze. Bei dem Motorkortex handelt es sich um einen Bereich des Großhirns und ist unter anderem für Bewegung zuständig, auch für die Muskelbewegungen, die zum Sprechen nötig sind; es gibt übrigens bereits Implantate, die die Steuerung von Gegenständen per Gedanken ermöglichen.
Wenn das Gehirn also die entsprechenden Nerven zum Sprechen ansteuert, übertragen winzige Mikroelektroden das neuronale Aktivitätsmuster über eine Kabelverbindung an einen Computeralgorithmus. Dieser setzt die Signale dann wiederum in Bewegung oder Sprache um. Da aber nicht jeder Gedanke präzise formuliert ist, könnten auch ungewollt private Details ans Licht kommen. Um dem vorzubeugen, gibt es einen Passwort-Mechanismus.

KI-Implantat könnte Menschen mit Sprachstörungen langfristig helfen
Dieser macht sich die eigene Technologie zunutze, indem Nutzerinnen und Nutzer zunächst an ein zuvor festgelegtes Passwort denken müssen, bevor das anschließend gedachte in Sprache übersetzt wird. Im Fall der Studie war das der bekannte Kinderbuch-Titel „Chitty-Chitty-Bang-Bang“ von Ian Fleming. Entwickelt wird das KI-Implantat von einem Team der renommierten Stanford Universität im US-amerikanischen Bundesstaat Kalifornien. Eine entsprechende Studie erschien vor einigen Tagen in einem Fachjournal.
Die Technologie der KI-Implantate könnte einer ganzen Reihe von Menschen helfen, die etwa unter Sprachstörungen leiden. Das zeigten auch die ersten Tests, an denen vier Probandinnen und Probanden teilnahmen. Drei davon litten an Amyotropher Lateralsklerose (ALS), einer degenerativen Erkrankung des Nervensystems, das die Sprache durch Schädigung der Zungen-, Schlund- und Gaumenmuskulatur langfristig enorm erschwert. Die vierte Person war nach einem Schlaganfall aufgrund einer Lähmung nicht mehr in der Lage zu sprechen.
Zwar war das System im Test bei steigender Anzahl des Wortschatzes zunehmend fehleranfällig. Allerdings zeigte das KI-Implantat Wirkung; teilweise konnten die gedachten Worte besser verstanden werden, als wenn die Probandinnen und Probanden versuchten, die Worte tatsächlich auszusprechen. Erin Kunz, Leiterin der Studie, erklärt: „Zum ersten Mal konnten wir verstehen, wie Gehirnaktivität aussieht, wenn man nur ans Sprechen denkt.“ Langfristiges Ziel ist ein funktionierendes KI-Implantat, das denen, die ihre Stimme verloren haben, helfen kann, wieder zu sprechen.