Beziehungen sind genauso vielfältig, wie die Probleme, die man dabei haben kann. Gleichzeitig haben veränderte Gesellschaften und Rollenbilder sowie neue Technik die Art und Weise, wie wir Beziehungen führen und darauf blicken, verändert. Immer häufiger berichten Menschen in diesem Kontext davon, dass sogenanntes „Fexting“ ihre Beziehung negativ beeinflusst. Und viele, die den Begriff noch nicht kennen, waren sicherlich unbewusst schon einmal davon betroffen. Das zeigt auch eine aktuelle Umfrage, die ergab, dass in Deutschland 63 Prozent davon betroffen waren. Doch was genau steckt hinter dem Beziehungskiller?
Bei dem Begriff handelt es sich um ein Kofferwort, das sich aus den Bausteinen „fighting“ (Deutsch: „streiten“) und „texting“ (Deutsch: „jemandem eine Textnachricht schreiben“) zusammensetzt. Grob gesagt meint der Begriff „Fexting“ also das Austragen einer Auseinandersetzung per Textnachrichten. Das kann übrigens nicht nur Paarbeziehungen betreffen, sondern auch die zum Freundeskreis oder der Familie. Auf den ersten Blick mag es unkomplizierter erscheinen, seine Konflikte auf diese Weise – quasi aus der Ferne – zu kommunizieren. Allerdings sind sich Expertinnen und Experten einig, dass dieses Vorgehen auch die beste Beziehung stark belasten kann.

Fexting hat nur auf den ersten Blick Vorteile, die allerdings auch negativ sein können
Zwar steht auf der Haben-Seite, dass man sich eben nicht in einer direkten Kommunikation befindet. Stattdessen kann man sich mit der Antwort etwas mehr Zeit lassen und länger darüber nachdenken. Fexting nimmt manchen Situationen dadurch auch die Emotionalität, weil es dabei hilft, Abstand zum Konflikt und der anderen Person zu bekommen. Auf der anderen Seite gibt es aber eine ganze Reihe von Nachteilen, die unmittelbar mit den vermeintlichen Vorteilen zu tun haben.
Zwar gewinnt man durch Fexting Abstand, das führt aber auch vermehrt zu Missverständnissen in der konfliktgeladenen Situationen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass beim Schreiben wichtige Kommunikationssignale verloren gehen. Dazu gehören und Mimik, aber auch der Tonfall. Menschen sind in der Regel gut darin, ihr Gegenüber über diese Signale lesen zu können. Beim Fexting fehlen sie allerdings, was zu Unsicherheiten führt und falsche Interpretationen und damit Überreaktionen hervorruft. Das gilt übrigens nicht nur für Textnachrichten, sondern zunehmend auch für Emojis, die einen noch größeren Spielraum Missverständnisse in der Wahrnehmung lassen.
Was man gegen Fexting-Konflikte tun kann
Die angesprochene emotionale Distanz, die einige auf den ersten Blick als vorteilhaft empfinden können, kann zudem enorme Nachteile haben. Denn auf diese Weise ist man eher geneigt, Dinge in einer Textnachricht zu schreiben, die härter sind als das, was man in einem persönlichen Gespräch sagen würde. Dazu kommt, dass solche Nachrichten – es sei denn, sie werden aktiv gelöscht – für immer im Chatverlauf sind.
Die bereits erwähnte Umfrage zum Fexting ergab im Übrigen, dass 65 Prozent der Befragten eine entsprechende Textnachricht schon einmal bereut zu haben. Zudem gaben mit steigendem Alter die Personen an, sich durch die Nachrichten emotional begrenzt zu fühlen. „Mehr als die Hälfte der Befragten hat schon erlebt, dass sich ein Streit aus einer Textnachricht heraus entwickelt hat. Das überrascht mich nicht, denn in Chats fehlt uns die nonverbale Ebene (...). So entstehen leicht Missverständnisse“, erklärt Markus Ernst, Psychologe und Coach.
Er rät, gerade bei heiklen Themen nicht direkt per Textnachricht zu antworten, sondern sich Zeit zu lassen und zu reflektieren, ob man das Problem nicht am besten mündlich klären sollte. Ein Zwischenschritt könne dabei das Telefonieren sein. Zudem können klare Kommunikationsregeln in einer Beziehung helfen, genauso wie das bewusste Üben von konfliktvermeidenden Dingen wie etwa aktives Zuhören.