„Massenüberwachung“ durch EU-Chatkontrolle: WhatsApp warnt vor Verlust der Privatsphäre

Die EU will Nachrichten, die über Messenger-Dienste wie WhatsApp verschickt werden, künftig auswerten. Die Motive für diese „Chatkontrolle“ sind nachvollziehbar, dennoch ist die Kritik groß.
„Massenüberwachung“ durch EU-Chatkontrolle: WhatsApp warnt vor Verlust der Privatsphäre
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Bereits seit drei Jahren berät die EU über ein Gesetz, dessen Inhalt immer wieder für Aufsehen sorgt. Denn um vor allem gegen sexualisierte Gewalt gegen Kinder vorzugehen, will man Anbieter wie Google, Meta und viele andere verpflichten, die Inhalte ihrer Plattformen im Rahmen einer Chatkontrolle auszuwerten – trotz Verschlüsselung. Das sah zumindest ein ursprünglicher Entwurf des Gesetzes vor. Seitdem wurde an diversen Stellen nachjustiert und etwa im EU-Parlament hat man sich auf eine Position geeinigt. Es fehlt allerdings die Zustimmung des Rates der 27 Mitgliedsstaaten.

Das aktuell vorsitzende Land Dänemark möchte nun mit einem veränderten Gesetzestext einen neuen Anlauf beim Thema Chatkontrolle nehmen, der möglicherweise bereits kommende Woche Thema sein wird. Grundsätzlich gilt dabei noch die gleiche Intention, wie sie die damalige EU-Innenkommissarin Ylva Johansson formulierte: „Es ist dazu da, Kinder vor sexueller Gewalt zu schützen. Es ist dazu da, die Opfer dieser schrecklichen Verbrechen davor zu schützen, sie immer wieder im Internet durchleben zu müssen.“ Die Kritik an dem Vorhaben ist allerdings massiv. Auch betroffene Unternehmen und Plattformen wie Meta mit seinem Messenger WhatsApp haben sich geäußert.

Smartphone vor Code-Buchstaben, dass neben der EU-Flagge das Wort „Chatkontrolle“ zeigt
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EU-Länder sind sich beim Thema Chatkontrolle schon seit Jahren nicht einig

„Trotz gegenteiliger Behauptungen untergräbt der neueste Vorschlag der Ratspräsidentschaft der EU nach wie vor die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und gefährdet die Privatsphäre, Freiheit und digitale Sicherheit aller“, sagte etwa eine Sprecherin von Meta dem Portal „Netzpolitik.org“. Man setze sich weiterhin für stärkere Sicherheit ein und sei der Überzeugung, dass Regierungen weltweit das ebenfalls tun sollten, wird die Sprecherin weiter zitiert. Auch von WhatsApp-Konkurrent Signal gibt es Kritik an der geplanten Chatkontrolle. So drohte etwa Chefin Meredith Whittaker mit einem Verlassen des europäischen Marktes, falls es zu der Maßnahme kommen sollte.

Laut Whittaker sei das Gesetz ein Versuch, eine Hintertür in die Messenger einzubauen. Und auch Philipp Rieger, Pressesprecher des schweizerischen Dienstes Threema, sagte: „Wir sind nach wie vor entschieden gegen Massenüberwachung in jeder Form“. Generell herrscht Sorge, dass es durch das Gesetz zu ebenjener „Massenüberwachung“ kommen könnte. Deshalb lehnt etwa auch das deutsche Justizministerium die Pläne zur EU-Chatkontrolle ab. „Anlasslose Chatkontrolle muss in einem Rechtsstaat tabu sein“, erklärte etwa Justizministerin Stefanie Hubig (SPD). Aus dem Innenministerium heißt es allerdings, man sei zu dem Thema noch in der internen Abstimmung.

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Diese „Massenüberwachung“ will auch die EU grundsätzlich ausschließen. So soll eine Auswertung von Chatnachrichten nur dann möglich sein, wenn ein dringender Verdachtsfall und ein richterlicher Beschluss vorliegen würden, fordert etwa die CDU-Europaabgeordnete Lena Düpont. Eine der aktuellen Änderungen sieht zudem vor, Text- und Audionachrichten auszunehmen. Es würde also konkret um Bild- und Videomaterial ohne Ton sowie URLs gehen, die von KI-basierten Programmen gescannt werden sollen. Länder wie Italien, Spanien und Frankreich wollen den aktuellen Vorschlag offenbar unterstützen, während sich etwa Polen und Österreich bereits dagegen ausgesprochen haben.