„Straw“ ist einer dieser Filme, die direkt zum Start eingeschlagen sind wie eine Bombe. Mehr als 100 Millionen Views sprechen da für sich, auch wenn es der Film damit bisher nicht ganz in die ewigen Top 10 des Streaming-Dienstes Netflix gebracht hat. Der Grund für den dennoch großen Erfolg ist vor allem das tiefgründige Thema, das Zuschauern direkt unter die Haut geht.
Der Netflix-Thriller dreht sich um eine alleinerziehende Mutter mit einer todkranken Tochter. Janiyah (Taraji P. Henson) versucht dabei alles, um den Alltag zu bestreiten und ihrer Tochter die Behandlung zu ermöglichen. Doch trotz ihrer zwei Jobs reicht es nur für ein heruntergekommenes Apartment. An einem eigentlich normal scheinenden Tag wird dann plötzlich alles anders. Das Jugendamt nimmt ihr die Tochter weg, sie wird Zeugin eines Überfalls, bei dem sie einen der Täter erschießt. Anschließend tötet sie auch ihren Chef, als dieser ihr den Überfall nicht glaubt und sie feuert, woraufhin sie wiederum bewaffnet zur Bank geht, um ihren letzten Gehaltscheck einzulösen. Daraufhin eskaliert die Situation um Janiyah herum völlig, bis das Ende von „Straw“ eine herzzerreißende Wendung bringt.

Das Ende von „Straw“ beantwortet eine Frage und wirft eine neue auf
Der Film „Straw“ erzählt die Handlung überwiegend aus Janiyahs Perspektive, die schrittweise immer weiter eskaliert. Dabei geht es in erster Linie um die Ungerechtigkeit eines Systems, das sich gegen eine alleinerziehende Mutter richtet, auch Rassismus spielt eine Rolle. Es gibt aber zunehmend auch Menschen, die Mitgefühl zeigen, wie etwa Detective Raymond (Teyana Taylor), die mit dem anrückenden FBI vor Ort eintrifft und versucht, die Situation zu entschärfen und Nicole, die Leiterin der Bank (Sherri Sheperd).
Besagt Wendung tritt dann ein, als Janiyahs Mutter anruft und enthüllt, dass Aria, Janiyahs Tochter, nicht vom Jugendamt mitgenommen wurde, sondern in der Nacht zuvor verstorben ist. So wird schrittweise enthüllt, dass es sich bei Janiyah um eine unzuverlässige Erzählerin handelt, die sich einen Teil der Dinge, die an dem Tag geschehen sind, nur eingebildet hat. Ihre Halluzinationen sind offenbar eine Reaktion auf den Verlust ihrer Tochter. Einige Rückblenden machen dabei deutlich, dass Janiyah bereits den Bezug zur Realität verloren hatte, bevor der Tag durch den Überfall endgültig aus den Fugen geriet.
Während „Straw“ das recht deutlich zeigt, lässt der Film jedoch die Frage offen, was genau am Ende mit Janiyah passiert. Die erste Version: Sie wird nach dem Anruf ihrer Mutter erschossen, nachdem sie sich der Tatsache stellen musste, dass ihre Tochter nicht mehr lebt. Eine andere Version zeigt jedoch, wie sie gemeinsam mit Nicole freiwillige die Bank verlässt und von Detective Raymond verhaftet wird, wobei viele Leute im Vorbeigehen ihr Mitgefühl bekunden. Beide Enden sollen aber vor allem die soziale Ungerechtigkeit verdeutlichen, wobei offen bleibt, welches der beiden Enden der Realität entspricht – oder ob vielleicht sogar beide nur weitere Halluzinationen sind.