Es gibt zwei bekannte Fotos von Blanche Monnier. Auf dem einen ist sie eine hübsche junge Frau mit modisch frisierten Haaren, die leicht verträumt an der Kamera vorbeischaut. Auf dem anderen ist sie nicht wiederzuerkennen, mit ihren langen, dunklen und verfilzten Haaren. Völlig abgemagert und entkräftet liegt sie auf einer schimmligen Matratze. Die Geschichte der Französin erschüttert bis heute viele.
Blanche Monnier wurde im Jahr 1849 in der französischen Stadt Poitiers in eine wohlhabende Familie geboren. Gemeinsam mit ihrem Vater Charles-Émile, ihrer Mutter Louise und ihrem Bruder Marcel lebte sie in einer Villa. Sie galt als augenscheinliche Schönheit mit zahlreichen Verehrern. Am Ende verliebte sie sich allerdings in den Anwalt Victor Cameil, der nicht nur deutlich älter war als sie, sondern der auch weit weniger wohlhabend und angesehen war als die Familie Monnier. Was wie der Beginn einer aufregenden verbotenen Liebe klingt, wurde allerdings am Ende zu einem Fall, der Medien auch damals bereits erschütterte.
Da sich Blanche Monnier weigerte, einen anderen Mann zu heiraten, griff ihre Mutter, Louise, nämlich zu drastischen Maßnahmen. Offenbar befürchtete sie, dass die damals 27-jährige junge Frau ihre Familie bloßstellen könnte, indem sie mit ihrem Liebhaber durchbrannte. Deshalb sperrte sie ihre Tochter 1976 in ein verstecktes Zimmer auf dem Dachboden der Villa ein. Das vorhandene kleine Fenster wurde mit Brettern vernagelt, sodass absolute Finsternis ohne Tageslicht herrschte. Um ihr Verschwinden zu erklären, behauptete die Familie, dass Blanche ins Ausland gereist sei. Wahlweise wurde auch angegeben, dass sie tot wäre. Der Anwalt Victor Cameil stellte bis zu seinem überraschenden Tod im Jahr 1885 immer wieder Nachforschungen über den Verbleib seiner Liebsten an.

Blanche Monnier verbrachte fast 26 Jahre in Gefangenschaft ihrer Familie
Es dauerte allerdings noch knapp 15 Jahre, bis Blanche Monnier schließlich nach einem bis heute anonymen Hinweis gefunden wurde. Die Nachricht lautete: „Ich habe die Ehre, Sie über eine sehr ernste Sache zu informieren. Ich spreche von einer unverheirateten Dame, die in Madame Monniers Haus eingesperrt ist, halb verhungert und inmitten von stinkendem Unrat, offen gesagt: Sie lebt seit 25 Jahren in ihren eigenen Ausscheidungen.“
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Zu diesem Zeitpunkt lebte sie dann fast 26 Jahre in ihrem Gefängnis, in dem sie offenbar nur mit dem Nötigsten versorgt wurde. Essen wurde ihr nicht von der Familie, sondern von einem überaus loyalen Dienstmädchen gebracht. Nach Eingang des Hinweises im Jahr 1901 entdeckte die Polizei sie nach einer Hausdurchsuchung auf dem Dachboden. Sie lag auf einer verschimmelten Matratze und umgeben von vergammelten Essensresten. Dabei wog sie nicht einmal mehr 30 Kilogramm und ihre Haare reichten fast bis zu den Füßen.
Vater Charles-Émile, Leiter der örtlichen Kunstfakultät, war inzwischen verstorben. Louise und Marcel Monnier wurden allerdings festgenommen. Allerdings erkrankte Louise und verstarb etwa zwei Wochen nach der Verhaftung. Marcel hingegen wurde zunächst verurteilt, nach einer Berufung dann allerdings freigesprochen. Blanche Monnier hingegen lebte noch ein gutes Jahrzehnt, einen Großteil davon in einer psychiatrischen Klinik in Blois. Die früher als lebenslustig und temperamentvoll beschriebene Frau litt nach ihrer langen Gefangenschaft an zahlreichen psychischen Problemen wie Schizophrenie, dazu kamen Essstörungen. Sie verstarb schließlich im Jahr 1913. Das Bild, das sie bei ihrer Entdeckung zeigt, erlangte aber auch nach ihrem Tod noch eine traurige Bekanntheit.