Vor Kurzem sorgten Nachrichten über gezielte Spritzenattacken auf der Fête de la Musique in Frankreich für Aufsehen. Zahlreiche junge Frauen berichteten von Einstichstellen und Schwindelgefühlen. Das Phänomen ist nicht neu, bekam aber in den vergangenen Jahren trotz vielfacher Fälle kaum Aufmerksamkeit. Wesentlich bekannter ist das sogenannte Drink Spiking, bei dem Opfern unbemerkt etwa K.-o.-Tropfen ins Getränk gemischt werden. Beim Needle Spiking kommt dabei stattdessen eine Nadel zum Einsatz. Der Begriff „Spiking“ umfasst dabei generell Vorgänge, bei dem jemandem ohne sein Wissen Alkohol oder Drogen verabreicht werden.

Needle Spiking ist schwer nachzuweisen
Bereits 2021 wurden hunderte Fälle in Großbritannien gemeldet, die sich vor allem in Pubs ereigneten. Auch in Deutschland sind Fälle bekannt. Die Täter machen sich dabei in der Partyszene das Gedränge zu nutzen; die Opfer sind überwiegend Frauen. Doch während es bei K.-o.-Tropfen oft um die Betäubung der Opfer geht, die anschließend oft sexualisierte Gewalt erfahren, scheint das beim Needle Spiking anders zu sein, was es teilweise auf subtile Weise perfider macht.
Denn oft bleiben die Täter im Gedränge unbemerkt und die Substanzen verlassen aufgrund niedriger Dosierung den Körper schnell wieder. Ein Bericht des Spital Wallis beschreibt die rechtsmedizinischen Herausforderungen, die damit einhergehen, vor allem, wenn es um strafrechtliche Verfolgung geht. Da die Taten in der Regel innerhalb der Partyszene geschehen, kann oft nicht einwandfrei festgestellt werden, ob Symptome wie Übelkeit und Benommenheit durch Needle Spiking entstanden sind. Und da die Einstichstellen zudem in der Regel sehr unscheinbar sind, kann man sie nicht mit Sicherheit „etwa mit einem Insektenstich in Verbindung bringen“.

Opfern von Needle Spiking wird oft nicht geglaubt
Eine Studie zur polizeilichen Bekämpfung von „Needle Spiking“ in Großbritannien greift diese Unsicherheit ebenfalls auf.„'Needle-Spiking' wurde selten als Einstiegskriminalität für eine andere Straftat wie sexuelle Übergriffe verübt, war nicht nur auf junge Frauen beschränkt, und die Opfer stießen von verschiedenen Seiten, darunter auch von Teilen der Medien und der Polizei, auf Skepsis“, heißt es von den Autoren der Studie. Über die Motive der Täter ist deshalb wenig bekannt. Eine Studie aus dem Jahr 2017 fand allerdings heraus, dass die meisten, die schon einmal jemanden unter Drogen gesetzt hatten, das vor allem „aus Spaß“ gemacht hätten.
Auch, wenn „Needle Spiking“ also mitunter wenig körperliche Folgen hat, sollte man die psychischen Auswirkungen nicht unterschätzen. Betroffene berichten danach von mangelndem Sicherheitsgefühl und auch der Angst vor Krankheitserregern an der Spritze. Viele berichten außerdem davon, dass ihnen aufgrund des Fehlens deutlicherer Spuren nicht geglaubt wurde. Die Autoren der genannten Studie empfehlen, dass Polizei und Krankenhäuser enger zusammenarbeiten sollten, damit mit den Opfern besser umgegangen und Beweise angemessen sichergestellt werden können.