Kürzlich wurde von mehreren Medien über einen drastischen Anstieg der Suizidversuche von Kindern während der Corona-Krise berichtet. Dabei bezog man sich auf die Ergebnisse einer noch unveröffentlichten Studie des Universitätsklinikums Essen.
„Bis zu 500 Kinder“ sollen nach Suizidversuchen während des zweiten Lockdowns auf der Intensivstation gelegen haben. Diese Zahl ist jedoch mit Vorsicht zu genießen. Denn es handelt sich um eine Hochrechnung. Der Leiter der Kinderintensivstation der Uniklinik Essen, Professor Christian Dohna-Schwake, äußerte sich erstmals am 5. Januar in einem Podcast zu der besagten Studie. Er sagte, dass im Frühjahr 2021 während des zweiten Lockdowns „ungefähr 450 bis 500“ Kinder und Jugendliche versucht haben sollen, sich das Leben zu nehmen.
Professor Dohna-Schwake erklärt erhöhte Fallzahlen
Nun sprach Dohna-Schwake mit dem „Focus“ über dieses brisante Thema und erklärte, was hinter den hohen Zahlen steckt. Exakt nachweisen kann die Studie für den Zeitraum vom 15. März bis zum 31. Mai 2021 lediglich 93 Suizidversuche. Diese Daten stammen von 27 Kinder-Intensivstationen. Sie stellen circa 20 Prozent aller Kinder-Intensivstationen in Deutschland dar. Geht man also davon aus, dass die Fallzahlen in den restlichen 80 Prozent genauso hoch sind, kommt man auf den zuerst genannten Wert.
Die Zahlen könnten tatsächlich höher oder auch niedriger sein. Die Kernaussage der Studie sei aber, dass die Fälle an sich einen Anstieg verzeichneten. Denn während des ersten Lockdowns gab es nur 22 gemeldete Suizidversuche. Die meisten Versuche erfolgen durch die Einnahme von Tabletten. Man geht davon aus, dass die Corona-Krise und die damit verbundene Isolierung ihren Anteil an der Verschlechterung der Situation hat. Jedoch kann dies nicht belegt werden. „Corona ist nie der einzige Grund für einen Suizidversuch. Die Veränderungen im Leben von Familien und Jugendlichen haben aber aus meiner Sicht ganz wesentlich dazu beigetragen, dass die individuelle Lebenssituation bei einzelnen Jugendlichen häufiger so aussichtslos erschien, dass ein Suizidversuch als letzte Möglichkeit gesehen wurde.“