Perfektionismus ablegen: So wirst du endlich gelassener

Wenn immer alles perfekt sein soll, ist das schon sehr anstrengend. Wenn es so anstrengend und zeitintensiv wird, dass dein Streben nach Perfektionismus deinen gesamten Tagesablauf bestimmt, könnte es an der Zeit sein, deinen Perfektionismus abzulegen oder zumindest dafür zu sorgen, dass du es damit nicht mehr übertreibst.

07.09.2022, 18:24 Uhr
Perfektionismus ablegen: So wirst du endlich gelassener
Black Salmon/shutterstock
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Definition Perfektionismus: Was versteht man darunter?

Perfektionisten streben permanent danach, Dinge noch besser zu machen und geben sich nur selten mit dem zufrieden, was sie erreicht haben. Denn Perfektionisten denken, dass es immer noch besser, schneller oder höher hinaus geht. Ein Kennzeichen dieser Personen: Sie treiben sich häufig selbst zu dieser Höchstleistung an. Sie brauchen keinen Vorgesetzten oder Partner, der ihnen sagt, dass noch Luft nach oben ist und sie sich zur Abwechslung mal richtig anstrengen sollen. Das schaffen sie auch ohne „aufmunternde“ Worte. Diese Personen, die die Fähigkeit haben, sich intrinsisch, also aus sich selbst heraus, zu motivieren, sind häufig erfolgreicher als andere. Denn wenn sie sich ein Ziel gesetzt haben, verfolgen sie dieses bis zum bitteren Ende. Hin und wieder kann genau das üble Konsequenzen haben.  

Synonyme für Perfektionismus

Andere Worte, die eine vergleichbare Bedeutung wie der Begriff Perfektionismus haben, sind zum Beispiel:
  • Sorgfältigkeit
  • Sorgfalt
  • Gewissenhaftigkeit
  • Detailverliebtheit
  • Genauigkeit
Wer diese Begriffe nutzt, meint damit die Art von Perfektionismus, die Menschen dazu verhelfen kann, erfolgreicher zu werden. Auf der anderen Seite gibt es jedoch auch den übertriebenen Perfektionismus, bei dem sich die Betroffen im schlimmsten Fall bis hin zum Burnout aufreiben. Synonyme für übertriebenen Perfektionismus und damit für Personen, die zu perfektionistisch sind, lauten:
  • Pingeligkeit, pingelig sein
  • pedantisch sein
  • penibel sein
  • übergenau sein
  • kleinlich sein
  • Detailversessenheit, detailversessen sein
 

Krankhaften Perfektionismus erkennen: Die Symptome

Schon anhand der oben genannten Aufzählung wird klar: Es gibt unterschiedliche Formen von Perfektionismus. Den guten, auch funktionalen Perfektionismus genannt, der uns zu immer neuen Höchstleistungen antreibt, jedoch dabei nicht das gesunde Maß überschreitet und den dysfunktionalen Perfektionismus, der häufig viele negative Folgen mit sich bringet. Personen, die unter dysfunktionalem, übertriebenem Perfektionismus leiden, haben eine ungute Einstellung zu sich selbst und dem, was sie leisten. Egal wie gut sie eine Sache machen oder mit welcher Bravour sie ihr Ziel erreicht haben – es ist nie gut genug. Menschen mit übertriebenem Perfektionismus haben sehr häufig Angst davor, als Versager zu gelten. Sie haben daher den Drang, sich durch besondere Leistungen von ihren Mitmenschen abzuheben. Sie definieren sich in vielen Fällen zu einem großen Teil über ihre Arbeit und vor allem darüber, wie erfolgreich sie damit sind. Die Folge: Sie spornen sich immer weiter zu neuen Bestleistungen an. Das allein wäre ja noch positiv. Doch bei übertriebenem Perfektionismus ist die Folge oft Burnout – und spätestens das ist dann nicht mehr erfreulich. Übertriebener Perfektionismus kann natürlich schon vorher zu einem Problem werden. Personen, die immer wieder und ohne Unterlass über ihre Grenzen gehen, setzen sich permanent unter Druck. Mit der Folge, dass sie sich kaum Auszeit gönnen. Und darunter leiden dann Freunde und Familie. Denn wer den größten Teil des Tages darauf verwendet, der sprichwörtlichen Karotte nachzujagen, die er sich selbst immer höher hängt, hat für andere Dinge eben keine Zeit mehr.  

Die Ursachen für (übertriebenen) Perfektionismus

Wie viele andere Verhaltensweisen, hat auch der Perfektionismus (sowohl in der funktionalen als auch in der übertriebenen Form) seinen Ursprung in unserer Kindheit und Jugend. Psychologen vermuten, dass Personen, die dauernd bestrebt sind, keine Fehler zu machen, also ihre Aufgaben grundsätzlich perfekt zu meistern versuchen, häufig zu Pedanterie neigen. Ihr Streben nach Perfektionismus kommt daher, dass Normen, Regeln und Gesetze für sie äußerst wichtig sind. Es gibt für sie nichts Schöneres, als sich ganz akribisch an die Vorschriften zu halten – egal ob Rechtschreibregeln, Formatierungsanweisungen oder Regeln im Unternehmen. Menschen, die unter dieser Form von übertriebenem Perfektionismus leiden, zeigen nicht selten fast schon zwanghafte Verhaltensweisen, wenn es darum geht, die Vorschriften umzusetzen. Daneben gibt es denjenigen übertriebenen Perfektionismus, der die Arbeitssucht befördert und sich dementsprechend bei Workaholics zeigt. Einige Psychologen sehen die Ursache für diesen übertriebenen Perfektionismus darin, dass diesen Personen in ihrer Kindheit das Gefühl vermittelt wurde, dass sie nur etwas wert sind, wenn sie überdurchschnittliche Leistungen bringen und sich jederzeit außerordentlich ins Zeug legen. Als Erwachsene behalten viele dieses Verhaltensmuster bei und sind bereit, jederzeit ihre persönlichen Leistungsgrenzen zu überschreiten, wenn sie denken, dass sie damit einen bestimmten Erfolg erzielen können.  

Bin ich ein Perfektionist? 6 Anzeichen und Symptome für übertriebenen Perfektionismus

Folgende Anzeichen können dir helfen zu entscheiden, ob du nicht nur ehrgeizig, sondern schon an dem Punkt bist, an dem man von übertriebenem Perfektionismus sprechen muss:
  1. Leistung = Selbstwert: Dein Selbstbewusstsein hängt eng damit zusammen, was du Tag für Tag erreichst. Bringst du schlechte Leistungen im Job oder Studium, fühlst du dich sofort weniger wert.
  2. Selbstoptimierung ist oberste Priorität: Da dein Selbstwert an deiner Leistung hängt, setzt du unglaublich viel daran, immer mehr zu erreichen und immer besser zu werden. Du pushst dich zu neuen Höchstleistungen, obwohl du schon längt nicht mehr kannst.
  3. Schlechte Leistung = Verlierer: Wer nicht mit deiner Leistung mithalten kann, für den hast du nur Spott übrig. Personen, die sich nicht mit dem gleichen Elan wie du einer Sache widmen, sind für dich Verlierer und werden es nie zu etwas bringen.
  4. Konstruktive Kritik gibt es nicht: Weil sich übertriebene Perfektionisten zum überwiegenden Teil über die eigene Leistung definieren, können sie es nur sehr schwierig bis gar nicht ertragen, wenn ihre Leistung kritisiert wird. Kritik nehmen sie ihrem Kritiker daher immer übel und können konstruktive Kritik nicht dazu benutzen, sich zu verbessern.
  5. Teamarbeit ist eine Qual: Weil Personen, die unter übertriebenem Perfektionismus leiden, davon ausgehen, dass sie alles richtig machen und noch dazu kein anderer die Aufgaben so gut erledigen könnte wie sie, können sie nur sehr schlecht im Team mit anderen arbeiten. Wenn du dich für einen schlechten Teamplayer hältst, könnte das also ein Hinweis darauf sein, dass du es mit dem Perfektionismus ein wenig übertreibst.
 

Perfektionismus ablegen: 5 Wege aus der Falle

Wenn du dich in den oben genannten Punkten wiederkennst, ist es an der Zeit, etwas gegen deinen übertriebenen Perfektionismus zu tun. Vielleicht mit diesen Tipps:
  1. Vergleiche sein lassen: Hör auf damit, dich permanent mit anderen – bevorzugt auch noch Leuten auf Social Media – zu vergleichen. Das führt nur dazu, dass du unglücklich wirst und deine Leistung noch weniger anerkennen kannst.
  2. Erfolge würdigen: Stattdessen solltest du dich lieber auf das konzentrieren, was du bisher schon erreicht hast. Wenn du ein großes Ziel erreicht hast, solltest du das gebührend feiern und dir Zeit nehmen, deinen Erfolg zu genießen, statt sofort dem nächsten Ziel hinterher zu eilen.
  3. Realistische Ziele setzen: Um viel öfter das gute Gefühl zu erleben, etwas erreicht zu haben, solltest du dir Ziele setzen, die auch ohne Burnout-Gefahr zu erreichen sind.
  4. Fehler akzeptieren: Sollte dir etwas nicht sofort im ersten Versuch gelingen, ist das kein Beinbruch, sondern normal. Wir alle sind eben nicht perfekt. Daher sind Fehler an der Tagesordnung und gehören dazu – auch bei dir. Lerne zu akzeptieren, dass Fehler machen zu nahezu jedem Prozess dazu gehört-
  5. Aus Kritik lernen: Statt übertriebenen Perfektionismus an den Tag zu legen, kannst du auch einfach die guten Ratschläge oder die konstruktive Kritik deiner Kollegen, Vorgesetzten und Freunde befolgen. Wenn es dir anfangs noch schwer fällt, Kritik zu akzeptieren, musst du zunächst lernen, ein wenig Distanz dazu zu entwickeln. Mach dir bewusst, dass diese Personen dir nichts Böses, sondern dir eher dabei helfen wollen, besser zu werden. Und das sollte ein Mensch, der nach dem perfekten Ergebnis strebt, doch wirklich zu schätzen wissen.