Kurs-Gewinn-Verhältnis berechnen: So funktioniert‘s

Kein Hexenwerk: Auch als Laie kannst du bei Aktien das Kurs-Gewinn-Verhältnis berechnen. Bei der Interpretation der Kennzahl solltest du jedoch die wichtigsten Fallen kennen.

08.03.2022, 11:28 Uhr
Kurs-Gewinn-Verhältnis berechnen: So funktioniert‘s
Kurs-Gewinn-Verhältnis berechnen
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KGV berechnen erklärt in Kürze:

  • Das Kurs-Gewinn-Verhältnis sagt aus, wie hoch der Aktienkurs im Verhältnis zum Jahresgewinn eines Unternehmens ist.
  • Um bei einer Aktiengesellschaft das Kurs-Gewinn-Verhältnis zu berechnen, teilt man den Aktienkurs durch den anteiligen Jahresgewinn pro Aktie.
  • Beim Berechnen des Kurs-Gewinn-Verhältnisses solltest du beachten, dass je nach Gewinnvariante und Geschäftsjahr unterschiedliche Werte herauskommen können.
  • Vorsicht bei der Interpretation: Je nach Branche können hohe oder niedrige Kurs-Gewinn-Verhältnisse marktüblich sein und ein sehr niedriges Kurs-Gewinn-Verhältnis ist oftmals ein Alarmsignal.

Was ist ein Kurs-Gewinn-Verhältnis?

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist ein Begriff aus der Aktienanalyse und zählt zu den Kennzahlen für die Aktienanalyse. Im Börsenjargon ist es auch unter seiner Abkürzung „KGV“ bekannt.

Du kannst das Kurs-Gewinn-Verhältnis eines börsennotierten Unternehmens berechnen, um eine für Aktienanleger wichtige Frage zu beantworten: Ist das Unternehmen an der Börse eher hoch oder eher niedrig bewertet? Das Kurs-Gewinn-Verhältnis sagt nämlich aus, wie hoch der Gewinn des Unternehmens bezogen auf den Kurs einer einzelnen Aktie ist.

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Dabei gilt: Je höher das Kurs-Gewinn-Verhältnis, umso teurer ist das Unternehmen an der Börse bewertet. Ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 5 würde bedeuten, dass der Wert des Unternehmens dem 5-fachen Jahresgewinn entspricht. Ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 30 würde dagegen dem 30-fachen Jahresgewinn entsprechen.

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So kannst du das Kurs-Gewinn-Verhältnis berechnen

Für die Berechnung des Kurs-Gewinn-Verhältnisses benötigst du mehrere Basisdaten:

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  • den aktuellen Aktienkurs des Unternehmens,
  • die Marktkapitalisierung des Unternehmens an der Börse,
  • die Anzahl der vom Unternehmen ausgegebenen Aktien und
  • den in der Bilanz ausgewiesenen Jahresgewinn.

Alle Werte bis auf die Zahl der ausgegebenen Aktien findest du auf den Börseninformationsseiten von Banken oder von Finanzportalen. Die Zahl der Aktien kannst du ganz einfach ermitteln, indem du die Marktkapitalisierung durch den Kurs pro Aktie teilst.

Beispiel: Ein Unternehmen hat eine Marktkapitalisierung von 500 Millionen Euro und der Aktienkurs beträgt 100 Euro. Die Zahl der Aktien beträgt somit 500 Millionen Euro / 100 Euro = 5 Millionen Stück.

Im nächsten Schritt teilst du den Jahresgewinn durch die Anzahl der Aktien. Bei einem Gewinn von 50 Millionen Euro und 5 Millionen Aktien wären das 10 Euro pro Aktie.

Um das Kurs-Gewinn-Verhältnis zu berechnen, teilst du nun den Börsenkurs durch den Gewinn pro Aktie. Bei einem Aktienkurs von 100 Euro und einem Gewinn pro Aktie von 10 Euro ergibt sich nun ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 10. Das Unternehmen ist also so viel wert wie sein 10-facher Jahresgewinn.

Kurs-Gewinn-Verhältnis: Welche Varianten gibt es?

Beim Ausweisen des Jahresgewinns in der Bilanz müssen Unternehmen die gesetzlichen Vorgaben der Buchführung befolgen. Doch wenn es um die Bekanntgabe von Gewinnzahlen geht, stellen Unternehmen nicht immer den Bilanzgewinn, sondern oftmals auch andere Bezugsgrößen in den Vordergrund.

Das kann auf den ersten Blick zur Verwirrung führen, wenn beispielsweise eine Aktiengesellschaft zwar einen Bilanzverlust ausweist, aber als Gewinnzahl ein positives EBITDA verkündet. Solche Abkürzungen sind standardisierte Börsenbegriffe und stammen aus dem Englischen. So bedeutet „EBITDA“ ausgeschrieben „Earnings before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization“ – also sinngemäß den Gewinn vor der Berücksichtigung von Zinsaufwendungen, Steuern,  Abschreibungen auf Sachanlagen und Abschreibungen auf immaterielle Wirtschaftsgüter.

Die nachfolgende Tabelle gibt dir einen Überblick, welche betrieblichen Aufwendungen bei einzelnen Gewinnvarianten ausgeklammert sind.

Bezeichnung der Gewinnvariante Was ist ausgeklammert?
EBITDA Zinsaufwendungen, Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen und Abschreibungen auf immaterielle Wirtschaftsgüter
EBITA Zinsaufwendungen, Steuern und Abschreibungen auf immaterielle Wirtschaftsgüter
EBIT Zinsaufwendungen und Steuern
EBT (Vorsteuergewinn) Steuern
Nachsteuergewinn Enthält alle Aufwendungen

Je mehr Aufwendungen ausgeklammert sind, umso höher ist im Regelfall der Gewinn. Wenn ein Unternehmen hohe Schulden hat und beispielsweise pro Jahr 100 Millionen Euro an Zinsen für seine Kredite bezahlen muss, ist der EBIT um 100 Millionen Euro höher als der Vorsteuergewinn. Entsprechend höher ist dann auch das Kurs-Gewinn-Verhältnis in Bezug auf den EBIT.

Auf welches Jahr bezieht sich das Kurs-Gewinn-Verhältnis?

Der Bilanzgewinn wird immer im Nachhinein ausgewiesen, weil das Unternehmen ja erst nach dem Abschluss des Geschäftsjahres feststellen kann, wie viel Geld es verdient hat. Wenn das Kurs-Gewinn-Verhältnis auf dem letzten Bilanzgewinn basiert, dann bezieht es sich logischerweise auf den Gewinn des Vorjahres.

Da sich die Gewinnsituation eines Unternehmens von Jahr zu Jahr ändern kann und der Aktienkurs vor allem auch die aktuelle Gewinnsituation und zukünftige Erwartungen enthält, wird häufig das Kurs-Gewinn-Verhältnis auf Basis des erwarteten Gewinns herangezogen. Um Verwechslungen zu vermeiden, versieht man dann die Kennziffer mit dem dazugehörigen Geschäftsjahr und setzt bei prognostizierten Gewinnen für das laufende oder nächste Jahr ein „(e)“ für „erwartet“ dahinter.

Kurs-Gewinn-Verhältnis berechnen: 3 Fallen bei der Interpretation

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist eine wichtige Kennzahl für Aktienanleger, birgt aber auch einige Fallen bei der Interpretation. Die drei wichtigsten Ursachen für falsche Einschätzungen solltest du immer im Hinterkopf haben:

  • Die Branchen-Falle. Je nach Branche gelten verschiedene Kurs-Gewinn-Verhältnisse als Zeichen für eine faire Bewertung bzw. Unter- oder Überbewertung. So ist das marktübliche KGV dort niedrig, wo die Gewinne aufgrund konjunktureller Einflüsse stark schwanken können, wie etwa in der Stahlindustrie. Auch in Branchen mit eher geringen Wachstumsaussichten wie Energieversorgung ist das KGV oft niedriger als in anderen Segmenten. Auf der anderen Seite stehen Wachstumsbranchen wie Software oder Pharmaindustrie, wo die Unternehmen meist deutlich höher bewertet werden als im Durchschnitt. Daher solltest du das KGV des von dir betrachteten Unternehmens immer mit dem Branchendurchschnitt und nicht mit dem gesamten Aktienmarkt vergleichen.
  • Die EBIT-Falle. Vor allem Unternehmen mit hoher Verschuldung stellen oft gerne den EBIT statt des Bilanzgewinns in den Vordergrund, weil dort die Zinsaufwendungen nicht berücksichtigt werden. Das führt jedoch zu einem allzu optimistischen Kurs-Gewinn-Verhältnis, das die wahre Kostensituation des Unternehmens nur unzureichend abbildet.
  • Die Geschäftsjahres-Falle. Ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis auf Basis des letzten Bilanzgewinns auffallend niedrig, dann ist das nicht immer ein Anzeichen dafür, dass es sich bei der Aktie um eine unterbewertete Renditeperle handelt. Rechnen Anleger und Analysten mit rückläufigem Gewinn, ist diese Erwartung schon im Aktienkurs eingepreist, und das KGV auf Basis der Vergangenheit ist nur optisch attraktiv. Daher solltest du immer prüfen, ob Analysten für das betreffende Unternehmen eher steigende oder rückläufige Bilanzgewinne prognostizieren.